Das Bw Dillenburg war die letzte Dienststelle im Bereich der DB, wo die Baureihe 94.5 (preuß. T16.1) noch planmäßig im Streckendienst eingesetzt wurde. Und das sowohl im Personen- als auch im Güterzugdienst.
Der lang währende Einsatz der preußischen Länderbahnloks war wesentlich darauf zurück zu führen, dass die Strecke von Dillenburg nach Biedenkopf zwischen Herrnberg und Hirzenhain einen Steilstreckenabschnitt mit einer Neigung von 1:17 (60 ) aufweist. Gemäß Steilstreckenvorschrift der Deutschen Bundesbahn war dafür zwingend der Einsatz von Triebfahrzeugen mit zwei voneinander unabhängigen Bremssystemen vorgeschrieben. Und da nicht genügend Dieselloks mit hydrodynamischer Bremse (damals nur 10 Loks Baureihe V100.23 / 213) zur Verfügung standen, musste man weiter auf die kräftigen Fünfkuppler der Baureihe 94.5 zurückgreifen, von denen etliche Maschinen speziell für derartige Einsätze zusätzlich zur normalen Druckluftbremse mit einer Riggenbach'schen Gegendruckbremse ausgerüstet waren.
Von dieser Sonderbauart der BR 94 waren zum Stichtag 01.07.69 folgende sechs Loks in Dillenburg beheimatet:
094 080 (Z), 533, 538, 540, 639 und 652 (ex 94 1080, 1533, 1538, 1539, 1639 und 1652).
Ich selbst habe Dillenburg zur Dampfzeit mehrfach aufgesucht, und zwar drei Mal im Sommer 1969. Der erste Besuch am 26.07.69 erfolgte auf der Anreise zu einer ausgedehnten Eisenbahntour durch Süddeutschland. Das Wetter war grottenschlecht und so blieb es bei ein paar Aufnahmen im Bw und dann nichts wie weiter. Aber das Thema Dillenburg war damit natürlich nicht erledigt, und so war ich am 20.09.69 erneut im nordhessischen Bergland. Dieses Mal spielte das Wetter mit. Nur musste ich leider auf eine einfache, geliehene Kamera zurückgreifen, deren Optik bei den üblichen Belichtungszeiten von 2,8/500 etwas zu wünschen übrig ließ. Ich hoffe aber, dass die Bilder trotz mancher dunklen Ecken ansehenswert sind. Nur acht Tage später führte mich die große Mikado-Abschiedsfahrt (s. Galerie "Die schöne Mikado") zum dritten Mal in kurzer Folge nach Dillenburg, wobei die Zeit allerdings nur für ein paar weitere Bw-Aufnahmen reichte.
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Die erste Lok, die mir am 26.07.69 in Dillenburg bei regnerisch trübem Wetter vor die Linse kam, war 094 538. Als einzige Dillenburger 94 besitzt sie einen Kamin mit Aufsatz. |
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Vor dem Schuppen wartete 094 652 auf neue Aufgaben. Wie es sich für ein richtiges Dampf-Bw gehört, räucherte und dampfte es überall aus zahlreichen Schornsteinen und Dach-Ritzen. |
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T16 / 94.5 mit rundem Dach ohne Lüftungsaufsatz wirkten auf mich immer etwas altertümlich und waren in der späten Bundesbahnzeit auch eher selten anzutreffen. Deshalb war 094 080 für mich die interessanteste 94er im Bw Dillenburg, auch wenn sie bereits seit dem 16.06.69 z-gestellt war. Darauf deutete äußerlich aber zum Glück rein gar nichts hin, selbst die Lampen waren noch aufgesteckt. |
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Für eine am nächsten Tag (also am 27.07.69) stattfindende Sonderfahrt waren die drei dafür eingeteilten Zugloks 094 639, 094 533 und 055 528 von der Werkstatt äußerlich auf Hochglanz gebracht worden. |
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Extra für diese Sonderfahrt war 055 528 (ex 55 3528) noch einmal angeheizt worden, obwohl die Lok eigentlich schon am 16.06.69 z-gestellt worden war. Aber so war sie eben, die Bundesbahnzeit: Nur für diesen einen Einsatz wurde die Lok wieder in Betrieb genommen und komplett neu lackiert, um direkt danach endgültig ausgemustert zu werden. Glückliche Zeit, wo noch nicht bei jedem Handgriff nach dem Kostenträger gefragt werden musste. |
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Neben 055 528 befanden sich noch zwei weitere preußische G8.1 in Dillenburg, allerdings beide schon ausgemustert. Eine davon war die 055 177 (ex 55 5177, Z: 18.02.69, †: 10.07.69). Dank der noch vorhandenen Stangen, Lampen und Schilder machte sie aber noch einen ganz passablen Eindruck. |
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Die zweite Tour zu den Steilstrecken-94ern begann mit dem Frühzug von Ewersbach nach Dillenburg, Abfahrtszeit 7:48 Uhr. Um diese Uhrzeit, Ende September, reduzierte sich die Motivwahl auf die Frage: Wo kommt das Licht überhaupt schon hin? Die Einfahrt nach Eibelshausen war so eine Stelle, auch wenn der Vordergrund noch total verschattet war. Zuglok des P2157 war 094 639. |
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Unmittelbar nördlich des Bahnhofs Dillenburg Kurhaus trifft die Nebenbahn von Ewersbach auf die elektrifizierte Ruhr-Sieg Hauptstrecke. Genau dort kreuzte die viel befahrene Bundesstraße B253 damals noch niveaugleich beide Bahnstrecken. Auf just diesem Bahnübergang konnte der P2157 mit 094 639 ein weiteres Mal auf den Film gebannt werden. |
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Nach dem Früh-Personenzug von Ewersbach standen die morgendlichen Güterzüge auf der nördlichen Scheldetalbahn auf dem Programm. Über die B253 ging es zurück nach Breidenbach, wo der Ng8050 aus Wallau bereits eingetroffen war. |
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Das Rangiergeschäft in Breidenbach ermöglichte auch ein klassisches Standfoto der preußischen T16.1. |
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Und weiter ging's nach Gönnern. Am Ortsausgang von Breidenbach kachelte 094 652 mit Volldampf in die leichte Steigung und bereitete so dem Fotografen einen wahren Augen- und Ohrenschmaus. |
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Dank niedriger Geschwindigkeit des Güterzuges und parallel verlaufender Straße war der Nahgüterzug rasch wieder eingeholt, und noch vor Wolzhausen gelang das nächste Foto. |
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Bei Quotshausen bot sich ein ähnliches Motiv wie kurz zuvor in Breidenbach - nur kommt der Zug dieses Mal von rechts. Und wieder machte 094 652 ordentlich Dampf, um den Ng8050 die restliche Steigung bis zum Scheitelpunkt der Strecke hinauf zu bringen. |
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Bei Niedereisenhausen wechselt die Straße auf die andere Seite der Strecke. Bergab geht's zügig voran und so blieb nur ein "Notschuss" auf den unerwartet schnell heran rollenden Zug. |
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Jörg Ivanschitz |
Lieber Herr Budde, |
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In Gönnern hatte der Nahgüterzug Ng8050 sein Fahrziel erreicht. Das Einfahrsignal hatte 094 652 bereits passiert und lief jetzt mit leichtem Schmierdampf an einem unschönen Gerümpel-Platz vorbei in den Bahnhof ein. |
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Zum Glück gönnte sich das Personal im Bahnhof Gönnern erst einmal ein kleine Pause und kuppelte die Lok nicht gleich ab, so dass 094 652 in Ruhe im Bahnhof abgelichtet werden konnte. Der Mast mit der H-Tafel war allerdings beim besten Willen nicht aus dem Bild zu kriegen. |
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Und wenn schon der ganze Zug nicht ohne Mast vor der Lok aufgenommen werden kann, dann sollte es wenigstens bei der Lok alleine gehen. |
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Zurück ging's nach ca. einer Stunde Wendezeit mit Ng8049 wieder nach Wallau. Kurz hinter Gönnern hat 094 652 keine allzu große Mühe mit ihrem kurzen Zug. Auf die weitere Verfolgung wurde verzichtet, weil das Licht auf der restlichen Strecke zu ungünstig kam und der nächste Personenzug ab Dillenburg anstand. |
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Doch zuvor blieb noch Zeit für einen kurzen Besuch im Bw Dillenburg. |
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Das zweite Highlight im Bw war 055 528, die ich knapp zwei Monate vorher noch unter Dampf dort angetroffen hatte (Bild 05). Die Lok befand sich nach wie vor in einem unnatürlich guten Zustand und die Aufstellung vor dem alten preußischen Güterzugpackwagen war sicher nicht zufällig. |
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Mit der geraden Griffstange an der Rauchkammertür und den alten Lampen wirkt 055 528 ziemlich altertümlich. Diese Ausführung war bei den DB 55 nicht häufig zu finden, aber das Bw Dillenburg hatte gleich zwei Loks davon (s. Bild 06). |
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Auch das Führerhaus der 055 528 war von einer selten Bauform: Die zwei gleich großen Fenster mit scharfen Ecken verliehen der Lok ein recht ungewöhnliches Aussehen. |
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Nur kurzzeitig kalt abgestellt war 094 538. Sie blieb noch bis zum 21.12.71 im Dienst und landete dann zunächst auf dem Denkmalsockel in Gönnern, bevor sie Ende der 90er Jahre wieder reaktiviert wurde. |
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Das Bw Dillenburg hatte natürlich nicht nur alte Preußen, sondern auch einige Einheitsloks zu bieten. Leider zeigte mir 051 192 hier nur ihren schönen Rücken; von vorn wäre zu erkennen, dass diese 50er eine kleine Besonderheit aufzuweisen hat – siehe Bauartunterschiede BR 50, Bild 20. |
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Der Mittagszug P2156 nach Ewersbach war mit 094 533 bespannt. Die kurven-reiche Streckenführung bei Steinbrücken dreht den nordwärts fahrenden Zug so gerade noch ins richtige Licht. |
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Der Packwagen, damals noch eine Selbstverständlichkeit für jeden Personenzug, war ein alter Zweiachser und verleiht auch dem Nachschuss einen gewissen Reiz. |
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Bei meinem Eintreffen in Ewersbach hatte 094 533 bereits umgesetzt und nun stand fertig für die Rückfahrt vor P2161 am Bahnsteig bereit. Die sehr beengten Platzverhältnisse ließen nur eine Aufnahme spitz von vorn zu. Deshalb hieß es: Schnell zurück an die Strecke und eine Stelle suchen, wo man den Zug noch einmal in ganzer Schönheit aufnehmen kann. |
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Die kurze Wendezeit in Ewersbach ließ allerdings nicht viel Zeit zum Suchen und so fiel die Wahl erneut auf die große Kurve bei Steinbrücken, nur ein paar hundert Meter weiter in Richtung Dillenburg als auf Bild 24/25. |
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Fast genau an derselben Stelle bei Gönnern, wo vormittags die letzte Güterzug-Aufnahme entstand (Bild 19), nahm ich dann am frühen Nachmittag die Verfolgung des einzigen fotogenen Personenzuges auf der Scheldetalbahn auf. 78 Minuten für 37 km von Biedenkopf bis Dillenburg macht einen Schnitt von unter 30 km/h. Gut für den Fotografen, aber nicht konkurrenzfähig gegen die Straße. Und wieder ist es 094 652, die jetzt P2114 am Haken hat. |
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Von Gönnern bis Frechenhausen verhinderte der zwischen Straße und Strecke gelegene Gansbach ein näheres Herankommen an die Bahn. So blieb nur die Möglichkeit, den Zug "volle Breitseite" auf seiner gemächlichen Fahrt durchs oberhessische Bergland aufzunehmen – wie gut, dass die Strecken damals noch weitgehend frei geschnitten waren. |
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Jörg Ivanschitz |
Auch hier zwischen Gönnern und Frechenhausen (ungefähr am Standort des Vorsignals von Gönnern) geht es noch beschwerlich bergauf nach Hirzenhain, erst dann folgt nach der Bremsprobe die Talfahrt über die Steilstrecke nach Dillenburg ... |
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Die Brücke im Zuge der Straßenunterführung bei Lixfeld war fotografisch nur schwierig umsetzbar. Trotzdem, 094 652 ist mit ihrem P2114 trotz Brücke und Büschen noch gut zu erkennen. Hier ist nicht der Zug, sondern die Brücke das Motiv. |
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Hinter Hirzenhain (in Fahrtrichtung) beginnt die eigentliche Steilstrecke. Ganz oben, zu Beginn der Gefällestrecke, ließ sich 094 652 noch nicht anmerken, dass die Gegendruckbremse bereits aktiv war. Die Druckluftbremse wurde auf der Steilstrecke wenn eben möglich nicht eingesetzt, um ein Überhitzen der Bremsen zu vermeiden; sie dient nur zur Feinregulierung der Geschwindigkeit. |
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Bei Herrnberg ist bereits das Ende des kurzen Steilstreckenabschnitts erreicht. Auf eine wesentlich höhere Geschwindigkeit kam der P2114 jetzt aber auch nicht – die BR 94 war nun mal vorwärts wie rückwärts nur für vmax = 60 km/h zugelassen. |
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Der nächste Halt des P2114 in Nicolausstollen machte es einfach, den Zug erneut zu überholen und im Scheldetal bei Beilstein ein weiteres Mal abzulichten. |
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094 652 mit P2114 bei Oberscheld – bergab geht's hier auch, aber nur im üblichen Rahmen. |
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P2114 hat den Hp Adolfshütte bereits hinter sich gelassen und passiert soeben das Einfahrsignal nach Dillenburg. Jetzt geht's nur noch am Heimat-Bw von 094 652 vorbei, und dann ist das Fahrtziel erreicht. |
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Exakt derselbe Standpunkt wie auf Bild 37: Knapp 15 Minuten später dampfte 094 533 mit dem Gegenzug P2115 den Berg hinauf. Drei Vierachs-Umbauwagen plus ein zweiachsiger Packwagen sind zwar keine Herausforderung für eine 94.5, aber im Steilstreckenabschnitt waren mehr als die sich damit ergebenden 130t Zuglast bei geschleppten(!) Zügen nicht zulässig. |
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Während ich am Hp Adolfshütte auf P2115 wartete (Bild 38), war 094 652 bereits ins Bw gefahren und restauriert worden. Zum Glück traf ich gerade rechtzeitig dort ein, um die Lok noch auf der Drehscheibe zu erwischen, bevor sie sich in den Lokschuppen verzog. |
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094 652 wurde soweit gedreht, dass vor dem Lokschuppen eine Porträtaufnahme von der anderen Seite möglich wurde. Danach wäre Zeit genug gewesen, auch ein Bild der fotogen vor dem Schuppen stehenden 332 013 zu machen - aber leider Fehlanzeige. |
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Na ja, so ganz in den Schuppen ging es zum Glück doch nicht. Zusammen mit dem Betzdorfer Jumbo 044 668 hielt 094 652 ihren Kopf noch ein wenig in die Sonne. Der eigentliche Grund dafür lag natürlich im Bestreben der Schuppenmannschaft, die Dampfer so zu postieren, dass der Schornstein außerhalb des Gebäudes lag und Rauch und Abgase direkt ins Freie ziehen konnten. |
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Einige Stände weiter räucherte noch ein anderes Pärchen vor dem Lokschuppen still vor sich hin: 050 034 und 052 167. Beide Loks überlebten das Ende des Dampfbetriebs in Dillenburg und wurden von mir später noch einmal an anderen Einsatzorten angetroffen. |
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Inzwischen war die Sonne so weit herum, dass man 055 528 von der rechten Seite aufnehmen konnte. Der alte preußische Packwagen hinter einer preußischen Lok bildet ein fotogenes Ensemble, und das alles in einem preußischen Bw. |
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Eine 50er war zur Bundesbahnzeit überall und immer drin. Beim dritten Besuch in Dillenburg am 28.09.69 war es 051 415, die in ihrem Heimat-Bw bereits die Wochenendruhe angetreten hatte. Wie alle Dillenburger 50er und überhaupt 50er der BD Frankfurt war die Lok mit einem Normaltender ausgerüstet. So etwas fiel einem nur mit Kabinentendern groß gewordenen Eisenbahnfreund natürlich auf. |
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Die Betzdorfer 44 waren 1969 noch regelmäßige Gäste in Dillenburg, das mit Güterzügen über die Eckverbindung Betzdorf - Haiger angefahren wurde. |
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Eine Galerie über Steilstrecken-94 muss natürlich mit einer eben solchen enden: |
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